Die gerade zu Ende gegangene Berlinale hatte einmal mehr ein eindrucksvolles Bouquet an Filmen aus aller Welt zu bieten und besonders habe ich mich über die Retrospektive von Ken Loach gefreut. Auch wenn ich die meisten Arbeiten des "filmenden Trotzkisten" (Eigenbeschreibung Loach) schon auf Video gesehen habe, war es ein schönes Erlebnis, solche Perlen wie "The Navigators" oder "Land and Freedom" in einem richtigen Kino mit großem Publikum anzuschauen. Da haben selbst die runtergerockten Kopien kaum gestört, allerdings hoffe ich sehr, dass das Loach'sche Werk in den nächsten Jahren ordentlich digitalisiert wird und so für zukünftige Generationen erhalten bleibt.
Überdies ist mir ein Beitrag der "Perspektive Deutsches Kino" besonders im Gedächtnis geblieben und ich möchte es deswegen nicht versäumen, Euch Till Kleinerts "Der Samurai" zur Anschau ans Herz zu legen. Der Film ist ein kleines Schmuckstück des Horror-Genres geworden, wie es nur selten in Teutonien hergestellt wird und mit den schwulen Konnotationen in der Handlung strahlt der Film in einer besonders raren Schönheit:
Irgendwo in Brandenburg. Der junge Dorfpolizist Jakob Wolski (Michel Diercks) hat ein Problem. Eher schlecht gelitten von seinen AltersgenossInnen, die ihre Zeit mit Saufen und Posen auf dem Moped verbringen, und seinem Vorgesetzten Horvath (Uwe Preuss), der seinen Adlatus mit väterlicher Strenge zu einem echten Mann erziehen will, versucht sich der eigensinnige Bursche als Hüter der Gemeinschaft zu profilieren, in dem er das Dorf vor einem streunenden Wolf bewahrt. Eines Abends aber erhält er einen mysteriösen Anruf - es scheint ein junger Mann zu sein, der mit dem Wolf in engem Kontakt steht...
Auch wenn die Dramaturgie des Films eher einem Free-Style-Parcours gleicht, gelingen Till Kleinert und seinem Team wunderbare nächtliche Atmosphären und Spannungsmomente. "Der Samurai" besticht vor allem durch seine ungewöhnlichen ästhetischen Mittel, aber besonders durch seine große, innere Freiheit. Welche deutsche Produktion kann schon einen so hübschen Wolf wie den äußerst begabten Pit Bukowski sein eigen nennen, der mit weißem Ballkleid, Make-Up und Samuraischwert durch das brandenburgische Gehölz tobt? Aber auch der zögerliche Wolski, bestechend gespielt von Newcomer Michel Dierks, und sein leiser Konflikt von Anziehung und Abstoßung gegenüber seinem verführerischen Antagonisten, bietet eine interessante Figur.
Lobend erwähnen möchte ich auch das Produzentenduo Anna und Linus de Paoli, die mit einem Budget von nur 170.000 Euro einen Film ermöglicht haben, der mit seiner hohen Einstellungszahl, vielen Schauwerten und interessanten Bildern viele deutlich besser ausgestattete Filme aus dem Rennen wirft.
Der Samurai läuft jetzt auf Festivals und wird binnen der nächsten Monate von "Edition Salzgeber" in die Programmkinos gebracht. Watch out!